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Essig – ein Kulturgut stirbt vor sich hin…

Bekomme ich bei Ihnen Walnussbalsamico?“ „Kennen Sie Röstzwiebelbalsamico?“ „Ich hatte mal Maracuja-Mango-Balsamico, der war lecker, haben Sie den auch?

So und ähnlich klingen Fragen nach den wildesten Balsamico Kreationen, die die Kunden wünschen. Wenngleich ich natürlich gerne Wünsche erfülle und der Kunde König ist antworte ich dann höflich aber überzeugt… „Nein, das biete ich nicht an, weil es sich bei nahezu allen Fruchtbalsamicos um reine „Funprodukte“ handelt, die aus Weinessig, Zucker oder Glucosesirup, Fruchtkonzentrat, dem namensgebenden Aroma wie z.B. Maracuja-Mango und vielleicht noch natürlicher Farbe zusammengesetzt werden. Dabei stehen nur die Optik, der Geschmack, die Farbe und das Verhältnis von Süße zu Säure im Mittelpunkt. Das hat mit dem Handwerk der Essig-, gar der Balsamicoherstellung nichts zu tun. Leider.“

Wenn dann der Kunde doch einen unverfälschten Balsamico probiert kommt viel häufiger als vor ein paar Jahren die Rückmeldung: „Oh, der ist aber noch sauer.“  Ja, es ist und bleibt ein Essig, denn er ist zwar im Fass gereift, hat eine viel rundere Säure als ein junger Balsamico, aber es ist und bleibt ein Essig. Egal wie alt er ist.

Verantwortlich für diesen Geschmackswandel ist der zugesetzte Zucker im „Essig“. Er ist in den Balsamico-Zubereitungen buchstäblich der Geschmacksverstärker, dasjenige, was die Zungen auf einen neuen Standard justiert, der mit dem eigentlichen Standard, nämlich der Essigsäure nichts mehr zu tun hat. Diametral entgegengesetzt. 

Das Problem an der Sache ist aber, dass das Echte, das Unverfälschte dadurch verloren geht und bei den Abfüllungen, wo man zuschauen kann, wie der Essig aus einem großen Fass direkt in die Flasche gefüllt wird, keine Zutatenliste auf der Flasche klebt – nur der Name z.B.  „Erdbeerbalsamico“, und man somit die Einzelzutaten verschleiert.

Die Standards drehen sich ins Gegenteil und ein Handwerk, bei welchem mit Liebe zum Produkt, mit Zeit, Geduld, Intuition und viel Geschick ein beeindruckendes Endprodukt entsteht landet in einer Nische.

Grundsätzlich gibt es natürlich auch Fruchtbalsamessige, die z.B. aus Apfel, Kirsche, Birne, Feige etc… hergestellt werden können. Hierfür wird dann aber aus dem Saft (z.B. der Kirsche) erst Kirschwein, dann vergärt dieser zu Kirschessig und wiederum lagert der Kirschessig dann in einem Holzfass und wird zu einem Kirschbalsamico.

Je älter ein Essig, desto dickflüssiger. Warum? Weil die Holzfässer oben offen sind und nur durch ein Leinentuch bedeckt sind. Dies ermöglicht die Verdunstung von Wasser und führt somit zur dickeren Konsistenz und zu einer Aufkonzentrierung von fruchteigenen Zuckern und Aromen (es ist mehr Substanz in weniger Flüssigkeit).

Diese Eigenschaft, die am Ende einer Wartezeit entsteht, erreicht man beim Crema di Balsamcio durch Verdickungsmittel.

Wenn Sie unverfälschte Essige probieren möchten, vom einfachen Rot- oder Weissweinessig bis zum 30 jährigen Balsamico dann kommen Sie doch vorbei.